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St. Patrick – Steckbrief eines Heiligen

Reiseleiter Reinhard Wogritsch

Am 17. März begeht Irland den St. Patrick’s Day. Ganz Irland? Nicht mehr. Inzwischen feiert nahezu die ganze Welt den irischen Landespatron. Doch wer war dieser Mann? Etwas historisch Verlässliches über Patrick zu berichten ist schwierig, da es kaum fundierte Quellen oder zeitgenössische Berichte über ihn gibt. Erschwerend kommt noch dazu, dass sein Leben und die Legenden um ihn herum so eng miteinander verflochten sind, so dass sich Dichtung und Wahrheit kaum mehr voneinander trennen lassen.
Höchstwahrscheinlich wurde Patrick um 387 n. Chr. im römischen Britannien geboren, zu einer Zeit als die damals bekannte Welt im Umbruch stand. Das Weströmische Reich war durch die einsetzende Völkerwanderung gerade im Begriff unterzugehen – eine Periode politischer und wirtschaftlicher Instabilität. Sein Vater Calpurnius dürfte Steuerbeamter der römischen Besatzungsmacht gewesen sein und Diakon der römischen Kirche. Sein Großvater Potitus war Priester gewesen. Wo Patrick geboren wurde, ist heute umstritten. Er selbst erwähnt in seinen Schriften, dass sein Vater ein Landgut in der Nähe des Dorfes Bannavem Taburniae besaß, das sich aber weder auf einer Landkarte noch in Aufzeichnungen aus jener Zeit wiederfinden lässt. So erheben heute mehrere Orte in Wales und in Schottland den Anspruch für sich.
Bevor er seinen Namen Patrick erhielt, kannte man ihn als Maewyn Succat, was im Walisischen so viel wie „hingebungsvoller Freund“ und „kriegerisch“ bedeutet. Mit 16 Jahren wurde er von irischen Piraten vom väterlichen Gut entführt und als Sklave in den Norden Irlands verkauft. Dort musste er der Überlieferung nach am Berg Slieve Mish – dem heutigen Slemish im County Antrim – die Schafe des Stammesfürsten Maelchu / Miluic hüten. Solche Überfälle waren im 5. Jahrhundert in Westbritannien nichts Ungewöhnliches. Spätrömische Quellen berichten, dass irische Stämme mehr als einhundert Jahre lang derartige Streifzüge häufig durchführten, als der Einfluss der römischen Staatsmacht in Britannien begann spürbar nachzulassen. Dabei wurden Siedlungen geplündert, Tiere, Wertgegenstände und Kleidung geraubt, Männer, Frauen und Kinder in die Sklaverei verkauft.
In der Gefangenschaft lebte Maewyn Succat in völliger Isolation, seine einzigen Gefährten waren seine Herde und sein neu gewonnener Glaube, der inmitten dieser Trostlosigkeit aufblühte. Er betete tagsüber bis zu hundertmal. Und Gott erhörte ihn. Später schrieb Patrick in seiner Autobiographie Confessio, dass nach sechs langen Jahren der Gefangenschaft ihm ein Engel im Traum erschien und von einem Schiff erzählte, das Irland verlassen würde und er bald heimkehren werde. Über 300 km legte der junge Sklave zu Fuß zurück, bis er endlich einen Hafen erreichte – möglicherweise Wexford – und er ein Lastschiff fand, das ihn von der Insel brachte. Maewyn Succat kehrte schließlich zu seiner Familie nach Großbritannien zurück und verschrieb sich dem Glauben.
Mit 22 Jahren erhielt er die Priesterweihe und studierte zunächst Theologie. Nach seiner abgeschlossenen Ausbildung wurde er um 418 zum Diakon geweiht, 14 Jahre später sogar zum Bischof und erhielt den Namen Patricius. Die religiösen Visionen kehrten zurück und die „Stimme der Iren“ rief ihn im Traum in das Land seiner Gefangenschaft zurück. Trotz Bedenkens seiner Eltern und der kirchlichen Obrigkeit fühlte er sich dem irischen Missionsauftrag verpflichtet. Zusammen mit 24 Gefährten brach Patrick auf, dessen Eintreffen in Irland mit dem Jahr 432 datiert wird und wo er 30 Jahre lang als Missionar wirkte.

Glaubhaft ist die Überlieferung, dass sich Patrick vor allem mit widerspenstigen keltischen Druiden auseinanderzusetzen hatte und auf viele Widerstände gegen seine Glaubenspredigten stieß. Allen Widerständen zum Trotz gewann er jedoch viele Menschen für das Christentum und ließ zahlreiche Kirchen bauen.
Da Patrick während seiner Gefangenschaft die irisch-keltische Sprache gelernt hatte, konnte er in Liturgie und Lehre auf die Landessprache zurückgreifen, ein wichtiger Grund für die tiefe Verwurzelung des Glaubens in Irland. Zahlreiche irische Mönche zogen aufs Festland nach Gallien, Germanien und Italien. Sie nahmen sich die zunächst unfreiwillige Heimatlosigkeit des heiligen Patrick zum Vorbild und wurden Prediger des Evangeliums und Gründer klösterlicher Niederlassungen.
Viele Legenden ranken sich um die Person Patricks, die folkloristisch säkularisiert oder aber auch in religiösen Brauchtumsformen bis heute weiterleben. Dublin feiert Sankt Patrick mit einer großen Parade und vier feierlichen Tagen. Dabei werden Kunstschlangen, die ihre roten Zungen bedrohlich aus Papier- und Plastikleibern recken, durch die Stadt getragen, ein Verweis auf die Legende, Patrick habe von der Grünen Insel die letzten Schlangen vertrieben.